Bild: ACAT-Schweiz / Pixabay

Medienmitteilung

 

Bern, 6. Dezember 2019

 

Tag der Menschenrechte
 

«Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren», lautet Art. 1 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948. Für viele eritreische Geflüchtete bleibt dieses fundamentale Menschenrecht Theorie – auch in der Schweiz.

 

Anlässlich des Tags der Menschenrechte am 10. Dezember beleuchtet ACAT-Schweiz die verheerende Menschenrechtslage in Eritrea*. In einer laufenden Petition ruft sie die Schweizer Behörden dazu auf, endlich ihren Schutzauftrag gegenüber Menschen, die aus dieser hermetisch geschlossenen Diktatur geflüchtet sind, wahrzunehmen.

 

Die Forderungen von ACAT-Schweiz und mittragenden Organisationen:
«Für eine menschliche Schweizer Politik gegenüber Asylsuchenden aus Eritrea»

1. Die Asylsuchenden aus Eritrea, denen kein Asyl gewährt wurde, sollen in der Schweiz vorläufig aufgenommen werden;

2. die Neubeurteilung des Aufenthaltsstatus von bislang vorläufig aufgenommenen Personen aus Eritrea soll ausgesetzt werden;

3. die aus der vorläufigen Aufnahme ausgeschlossenen Personen sollen wieder in diesen Status aufgenommen werden;

4. es sollen keine Verhandlungen über ein Rücknahmeabkommen mit Eritrea aufgenommen werden, solange sich die dortige Menschenrechtslage nicht verbessert. Die eritreische Regierung ist darüber in Kenntnis zu setzen;

5. im Dialog mit den eritreischen Behörden soll mit allen verfügbaren Mitteln darauf hingewirkt werden, dass sich die Menschenrechtslage in diesem Land grundlegend verbessert.

 

HINTERGRUND

Die Asylbehörden haben ihre Praxis gegenüber eritreischen Asylsuchenden laufend «verschärft»**. Ein Begriff, mit dem politisch gepunktet wird, der aber bei den Betroffenen unvorstellbares Leid verursacht. Die angebotene Nothilfe, die den Weggewiesenen als einzige Alternative bleibt, ist keine Hilfe in der Not, sondern Beihilfe zu noch grösserer Not. Das Bundesverwaltungsgericht (BVGer) hat diese «Verschärfungen» der Asylpraxis wiederholt bestätigt – in Urteilen, die von einer breiten Zivilgesellschaft als äusserst zynisch eingeschätzt werden. Im Urteil vom 10. Juli 2018 geht das BVGer unter anderem auf Misshandlungen und sexuelle Übergriffe im eritreischen Nationaldienst ein (den es als Zwangsarbeit einstuft). Da der systematische Charakter dieser Misshandlungen gemäss BVGer aber nicht bewiesen werden könne, sei dies kein Grund, eine Abschiebung als unzulässig zu betrachten.

 

→ Das humanitäre Völkerrecht hingegen ist klar und deutlich. Die UN-Antifolterkonvention etwa verbietet es den Vertragsstaaten, eine Person in einen anderen Staat auszuweisen, abzuschieben oder an diesen auszuliefern, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass sie dort Gefahr liefe, gefoltert zu werden. Ein absolutes Folterverbot, das von nationalen Asylgesetzen untergraben wird, ist kein absolutes Folterverbot, sondern dessen grobe Missachtung.

 

Wenig bekannt, aber brisant und aufschlussreich: das Schreiben, das drei UNO-Sonderberichterstatter im Juni 2019 gemeinsam an die Schweiz gerichtet haben.*** Auf sieben Seiten drücken sie ihre tiefe Besorgnis über die Schweizer Praxis aus: «In einem Kontext, in dem Migranten und Asylsuchende in ihrem Herkunftsland und in im Transitland zunehmend der Gefahr von Menschenrechtsverletzungen, inklusive Folter und Misshandlung, ausgesetzt sind, drücken wir unsere grosse Besorgnis aus angesichts der Absicht Ihrer Regierung, gegenüber eritreischen Asylsuchenden eine ziemlich restriktive Asylpolitik anzunehmen.» (Übersetzung aus dem Französischen durch ACAT) Die Schweizer Regierung liess das Schreiben bisher unbeantwortet.

 

UNTERSTÜTZUNGSPLATTFORM

Die drei Schweizer Landeskirchen unterstützen die Kampagne und empfehlen die Petition zur Unterschrift.

 

Mittragende Organisationen (die Trägerplattform erweitert sich laufend):

Eritreischer Medienbund Schweiz

riggi-asyl Flüchtlingsarbeit Riggisberg
Verein Give a Hand
Schweizerische Beobachtungsstelle für Asyl- und Ausländerrecht
Solidaritätsnetz Bern
Solidaritätsnetz Zürich
Solidaritätsnetz Ostschweiz
Jesuiten-Flüchtlingsdienst Schweiz
Eritrean Law Society
Association aJir

Augenauf Bern
Sans-Papiers Anlaufstelle Zürich SPAZ

Freiplatzaktion Zürich
Bereich OeME-Migration der Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn

 

KONTAKT

Katleen De Beukeleer

Kommunikation ACAT-Schweiz

Anwesend Di-Do-Fr
Speichergasse 29 – Postfach – CH-3001 Bern ­– (+41) 031 312 20 44

www.acat.ch - www.facebook.com/ACATSuisse 

 

Für ein Statement steht Ihnen ein(e) Mediensprecher(in) des Eritreischen Medienbunds ebenfalls gerne zu Verfügung.

 

FUSSNOTEN

* Erst kürzlich titelte die NZZ: «Wenn ein grosser Teil der Jugend weggeht oder wegwill, muss etwas faul sein im Staat» - und beschrieb die Nordkorea-ähnliche Situation, ohne sich von der schönen Fassade und vom Regime an der Nase herumführen zu lassen.

** Siehe « Analyse des durcissements de la pratique suisse à l’égard de requérant-e-s erythréen-ne-s » der Schweizerischen Flüchtlingshilfe und « Durcissements à l’encontre des Érythréen·ne·s : une communauté sous pression » der Observatoire romand du droit d’asile et des étrangers, in Genf.

*** Daniela Kravetz, Sonderberichterstatterin zur Menschenrechtslage in Eritrea; Felipe González Morales, Sonderberichterstatter zu den Menschenrechten von Migranten; Nils Melzer, Sonderberichterstatter über Folter