Kampagne zum Tag der Menschenrechte, 10. Dezember 2022 – Interview

 

«Genug ist genug»

 

Assumpta N.- Uwababyeyi hat den Völkermord in Ruanda erlebt. Heute organisiert sie von der Schweiz aus juristische Hilfe für politische Gefangene in ihrer Heimat, schreibt Briefe an die DEZA (Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit) und weitere Institutionen. Ihr Engagement ist nicht ungefährlich.

 
 
 

Assumpta N.- Uwababyeyi

(Bild: ACAT-Schweiz)

 
 
 

ACAT: Assumpta, als Sie Ruanda verliessen, war das Land in einer schrecklichen Lage. Wie geht es Ihrer Familie heute?
Assumpta N.- Uwababyeyi: Die meisten überlebenden Familienmitglieder sind aus Ruanda geflüchtet. Diejenigen, die noch im Land sind, leben in grosser Armut. Solange sie den Mund halten, sind sie in Sicherheit. Eine Cousine von mir postet seit einiger Zeit etwas kritischere Beiträge auf Social Media. Seither haben sich die Verwandten von ihr distanziert.


Vor zwei Jahren haben Sie einen Verein mitgegründet, der sich für den Frieden in Ruanda einsetzt. Wieso genau 2020? Die Menschenrechtslage in Ruanda ist schon seit langem miserabel.
Das stimmt. Der Auslöser für unsere Vereinsgründung war der schreckliche Mord am äusserst beliebten Gospelsänger Mihigo Kizito 2020 (siehe Kampagnendossier). Der Überlebende des Völkermords setzte sich für Frieden und Versöhnung ein. Unsere Reaktion war diejenige Tausender weiterer Ruander: Genug ist genug. Die Morde an Journalisten und Künstlern sowie das Verschwindenlassen von Kritikern sollen endlich aufhören.

 

Friedensarbeit in Ruanda von der Schweiz aus – wie kann man sich das genau vorstellen?
Erstens schreiben wir Briefe an die DEZA, die in unseren Augen fragwürdige Projekte in Ruanda finanziert. Leider stellt sich die DEZA taub gegenüber unseren Anliegen. Wir hoffen weiterhin auf einen Dialog. Die Schweiz ist eines der besten Demokratiemodelle der Welt und Sitz der wichtigsten Menschenrechtsorganisationen. Ich bin ich zuversichtlich, dass sie als Einflusszone dienen kann, um die humanistisch­sten Lösungen in Ruanda und in der Region der Grossen Seen zu erreichen.
Zweitens unterstützen wir politische Gefangene und ihre Familien. Wir vermitteln und finanzieren ihnen Anwälte in der Untersuchungsphase. Es ist nach wie vor äusserst schwierig, in Ruanda Anwälte zu finden, die Oppositionelle verteidigen wollen. Die Angst vor dem Ende ihrer Karriere oder noch schlimmeren Folgen für sie und ihre Familien sitzt tief.


Wie gehen Sie in einem derart gefährlichen Umfeld vor?
Bei der Kommunikation ist äusserste Vorsicht geboten, da das Regime überall mithört. Auch eine gute Vernetzung mit weiteren NGOs und der Ruanda-Diaspora ist wichtig. Und es braucht natürlich Mut. Denn nicht einmal wir, Ruander in der Schweiz, sind in Sicherheit. Der lange Arm des Regimes hat beispielsweise zur Folge, dass ich nicht einfach jede Einladung zu einem Essen annehmen kann, da es eine reale Gefahr für mich gibt, vergiftet zu werden. Es gab schon ähnliche Fälle in Europa.


Sie haben unvorstellbares Leid ertragen, und noch heute ist die Situation in Ihrer Heimat alles andere als rosig. Was stimmt Sie zuversichtlich?
Die ruandische Regierung hat noch nicht begriffen, dass, wenn einer die Stimme für Gerechtigkeit erhebt, viele weitere folgen. Deshalb bin ich fest überzeugt, dass unsere Arbeit nützt.

 

Interview: Katleen De Beukeleer, Andrin Honegger, Bettina Ryser

 
 
 
 
 

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