(BILD: ACAT-Schweiz)

 
 
 
 
 
 
 

Meditation Karfreitag 2022

 

Spirit der Heiligen für unsere Zeit

 

Text: Lioba Diez, www.spiritandsoul.org

 
 
 

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Das «Easter Triptychon» von Polina Soloveichik in der Genezarethkirche in Berlin-Neukölln. 

© KUNSTWERK UND BILD: Polina Soloveichik

 
 
 

Heiligendarstellungen sind immer durch die Zeit geprägt, in der sie entstehen. So auch beim Triptychon von Polina Soloveichik, das sie zum Osterfest 2021 für die Genezarethkirche in Berlin-Neukölln gemalt hat, in einer Periode anhaltender Repressionen, Verhaftungswellen, ja Folter gegenüber friedlichen oppositionellen Kräften in Belarus. Bis heute sind es Frauen, die massgeblich den gewaltfreien Widerstand in Belarus tragen. Und so sind auf dem Triptychon auch drei starke Frauen zu sehen: Maria, Anna und Maria Magdalena.


Anders als bei vielen anderen Heiligenbildern schauen die Frauen nicht ehrfürchtig nach oben oder kümmernd nach unten. Aufgespannt zwischen Himmel und Erde – ihre Köpfe auf Höhe der Wolken – stehen sie selbstbewusst an ihrem Platz. Sie tragen lange ärmellose Kleider; Muskeln und Haut der Oberarme markant sichtbar.


Stark und kraftvoll stehen sie da auf goldenem Hintergrund mit Sonne, Blitzen und einem Regenbogen, der die drei Teile verbindet.
Maria, die Mutter Jesu, in der Mitte hat die Augen geschlossen, sie ist in sich gekehrt, doch ihre Arme hat sie entschieden nach oben erhoben, so als wäre sie ein Sprachrohr für eine Botschaft aus einer anderen Welt. Hinter ihren Ohren trägt Maria Megafone – fast wie Haarschmuck. Sie erinnern in diesen Tagen an Maria Kolesnikowa, Oppositionsführerin in Belarus: Die Musikerin hat ihre Flöte gegen ein Megafon getauscht; weltbekannt sind die Pressefotos, auf denen sie mit einem Megafon in der Hand auf Demonstrationen spricht. Am 7. September 2020 wird sie in Minsk vom Geheimdienst KGB entführt und kommt trotz internationalen Protests in Haft. Nach innen lauschen und laut werden für Gerechtigkeit und Menschenrechte gehören zusammen.


Maria Magdalena rechts im Bild ist die jüngste der drei Frauenfiguren. Sie ist die erste Zeugin der Auferstehung, daher stammt auch ihr Titel «apostola apostolorum» (Apostelin der Apostel). Sie sollte den anderen Jünger*innen von der Auferstehung erzählen, doch ihr wurde zuerst nicht geglaubt. Nach einer ostkirchlichen Legende verwies sie auf ein Ei, das tot aussieht, aber Leben hervorbringt; laut einer anderen Legende färbte sich das Ei wie ein Wunder nach ihrer Ansage rot.


Maria Magdalena trägt wie Anna auf der anderen Seite des Triptychons weisse Lilien. Diese gelten eigentlich als Marienblumen, aber Maria braucht leere Hände. So tragen die beiden andern Frauen die Blumen für sie.


Mit den Ereignissen in Belarus im Kopf erinnern die Blumen an die Frauen, die oft in Weiss und Rot gekleidet mit Blumensträussen auf Demonstrationen gegangen sind und Sicherheitskräften Blumen überreichten oder ihnen vor die Füsse legten.


Mit weissen langen Haaren steht Anna, die Mutter Marias und Grossmutter Jesu, auf der linken Seite. Sie blickt nach unten auf die Betrachter*in. In sich ruhend, weise, das Leben kennend.


Symbole aus der christlichen Ikonografie verbinden sich in diesen Bildern mit zeitgenössischen Symbolen und Themen. Für viele Betrachter*innen ein Statement von Schönheit, Zugehörigkeit und Empowerment. Wenn wir am Karfreitag das Leiden der verfolgten Belarus*innen ins Gebet bringen und das Bild von Polina Soloveichik betrachten, werden auch wir für unsere Solidarität, für unsere Aktionen von der Hoffnung auf Auferstehung genährt.


(Erster und letzter Absatz bearbeitet durch ACAT)