Medienmitteilung Übergabe Istanbul-Protokoll

 
 

Heute, am 26. Juni, dem Internationalen Tag zur Unterstützung der Folteropfer, hat ACAT-Schweiz dem Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) die an Bundesrätin
Simonetta Sommaruga gerichtete Petition «Anerkennung des Istanbul-Protokolls: für einen besseren Schutz der Opfer von Folter und anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung» übergeben.

Anwesend waren auch VertreterInnen von Amnesty International, humanrights.ch, OMCT,
augenauf und Prisoners’ Rights League in Iran, sowie direkt betroffene Menschen, wie die Baskin Nekane Txapartegi.

 

Die Petition ist von 4667 Personen unterzeichnet worden und wurde im Rahmen der Kampagne zum Menschenrechtstag vom 10. Dezember 2017 lanciert. In dieser Kampagne hat ACAT-Schweiz die Verpflichtung der Schweiz betont, gefolterten Menschen oder Menschen, denen im Falle einer Auslieferung oder Rückschaffung Folter droht, Schutz zu bieten.

Die Forderungen der Petition sind:

  • die Beweiskraft der in Anwendung des Istanbul-Protokolls von anerkannten Experten erstellten Gutachten offiziell und unmissverständlich anzuerkennen;
  • klare Richtlinien für die Anwendung des Protokolls durch die auf Bundes- und Kantonsebene betroffenen Verwaltungs- und Justizbehörden festzulegen,
  • die Finanzierung der durch die Behörden angeordneten oder durch medizinisches Fachpersonal empfohlenen Gutachten sicherzustellen;
  • für die Verbreitung der Grundsätze des Protokolls in den Kantonen zu sorgen und entsprechende umfassende Schulungen zu empfehlen

 

Nekane Txapartegi sass 17 Monate in der Schweiz in Auslieferungshaft – die von ihr vorgebrachten Foltervorwürfe gegen spanische Polizeibeamte wurden trotz Gutachten nach Istanbul-Protokoll von den Schweizer Behörden nicht ernst genommen.

 

Nekane Txapartegi: «Man ist gegen Folter oder dafür. Mit der Verwendung des Istanbul Protokolls entscheidet man sich dagegen. In Namen der Neutralität das Protokoll nicht anzuerkennen, die Folterbeweise zu ignorieren, heisst, die Folter unterstützen und die Straflosigkeit der Folterer zu schützen. Durch die Verwendung und Anerkennung des Istanbul-Protokolls kann vermieden werden, dass gefolterte Personen wie ich mit inhumanen Haftbedingungen bestraft und retraumatisiert werden.»

 

Auch der UNO-Sonderbeauftrage für Folter Nils Melzer betont die Relevanz des Istanbul-Protokolls: «Folteropfer sind häufig schwer traumatisiert und oft nicht fähig das Erlebte widerspruchsfrei zu erzählen. Wenn Folteropfer befragt werden, ist es daher sehr wichtig, zuverlässige, wissenschaftlich geprüfte forensische Standards zu haben. Genau das bietet das Istanbul-Protokoll.»

 

Eine Arbeitsgruppe verschiedener NGO wird das Thema Istanbul-Protokoll weiterverfolgen, ausserdem wurden bereits einige parlamentarische Vorstösse zum Thema gemacht. Aktuell ist die Interpellation «Berücksichtigung des Istanbul-Protokolls zur wirksamen Untersuchung und Dokumentation von Folter durch den Bund. Stand der Dinge?» von Nationalrat Balthasar Glättli hängig.

 

Das Istanbul-Protokoll – mit vollständigem Titel heisst es «Handbuch für die wirksame Untersuchung und Dokumentation von Folter und anderer grausamer, unmenschlicher oder entwürdigender Behandlung oder Strafe» – ist ein praxisbezogenes Instrument, das zum Schutz der Opfer von Folter entwickelt wurde. Es ermöglicht medizinischen Fachpersonen, mit international anerkannten Standards Folter zuhanden der Behörden zu dokumentieren.

 

Anwesend an der Übergabe:

Nekane Txapartegi, baskische Aktivistin

Bettina Ryser Ndeye, Generalsekretärin ACAT-Schweiz

Gerald Staberock, Generalsekretär OMCT

Denise Graf, Asyl-Expertin Amnesty International

Muriel Trummer, Menschenrechtsarbeit zur Schweiz Amnesty International

Rolf Zopfi, Pressesprecher augenauf

Nima Pour Jakub, Präsident Prisoners’ Rights League in Iran

Sarah Frehner, Juristin Schweizerische Flüchtlingshilfe